Männerarbeit als Teil der Gewaltprävention

Prävention von Gewalt gegen Frauen wird klassischerweise als Thema und Aufgabe von Frauen begriffen. Das hängt damit zusammen, dass viele Ansätze dazu aus der Initiative von Frauen als (potentiell) Betroffene hervorgegangen sind.

Für eine wirksame Prävention muss es hier eine Änderung der Sichtweise geben: Gewalt an Frauen ist ein gesellschaftliches Problem, das Männer als Teil der Gesellschaft gleichermaßen betrifft. Geschlechtsspezifische Gewalt ist untrennbar mit gesellschaftlich verbreiteten Vorstellungen von Männlichkeit verknüpft.

Um Gewalt an Frauen wirkungsvoll zu bekämpfen, müssen die Männer ihren Anteil daran verstehen und anerkennen. Es ist an den Männern, sich aktiv gegen Gewalt an Frauen zu stellen. Daher ist der Männerarbeit als Teil der Gewaltprävention eine eigene Lernressource gewidmet.

Grundlage der dargestellten Inhalte ist die kritische Männlichkeitsforschung. Diese hat in den letzten Jahren verschiedene fruchtbare theoretische Ansätze und Forschungsergebnisse vorgelegt. Die wichtigsten werden in dieser Lernressource vorgestellt. Ihre Tauglichkeit für die Gewaltprävention mit geflüchteten und neuzugewanderten Männern wird diskutiert. 

In dieser Lernressource lernen Sie, ...

  • ... welche Bedeutung die Kategorie ,Geschlecht' für die gewaltpräventive Männerarbeit hat.
  • ... welche Rolle „Kultur“ in der Diskussion über und bei der Prävention von Gewalt gegen Frauen spielt.
  • ... welche Auswirkungen von Flucht und Migration auf Männer bei der gewaltpräventiven Männerarbeit zu berücksichtigen sind.
  • ... was das Konzept der „hegemonialen Männlichkeit“ bedeutet und welchen Nutzen es für die Gewaltprävention bringen kann.
  • ... wie mit geflüchteten und zugewanderten Männern das Thema „Männlichkeit“ bearbeitet werden kann.
  • ... welche Bedeutung eine geschlechtssensible Erziehung für die Gewaltprävention hat.

Grundsätze für die Männerarbeit im Rahmen der Gewaltprävention

Präventionsarbeit geht über Täterarbeit hinaus. Im Rahmen des Projekts MiMi-Gewaltprävention halten wir folgende Grundsätze für die Männerarbeit für wesentlich:

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Nicht alle Männer sind gewalttätig. Jedoch steht eine verbreitete Form von Männlichkeit im Zusammenhang mit der Bereitschaft, Gewalt als legitimes Mittel zur Lösung von Konflikten anzuwenden.

Daher ist es erforderlich, mit den vorherrschenden Männlichkeitsentwürfen zu arbeiten.

Auch Männer, die die Idee der Gleichberechtigung vertreten, fördern immer wieder Frauenverachtung. Dies passiert oft subtil, z. B. in Form von Witzen oder der Billigung von Vergewaltigungsmythen.

Für die Präventionsarbeit steht daher nicht nur die Aufklärung über physische Gewalt und deren Bekämpfung im Vordergrund. Sie beginnt schon viel früher, nämlich da, wo die Identifikation mit einem bestimmten gewaltfördernden Männlichkeitsideal zu einer erhöhten Toleranz gegenüber Gewalthandeln führt. Für diese Zusammenhänge gilt es zu sensibilisieren.

Voraussetzung für die Präventionsarbeit ist es, sich die eigenen Bilder und Vorstellungen, wie Männer und Frauen eigentlich sind oder zu sein haben, bewusst zu machen.

Es ist wichtig, diese als etwas Gemachtes und damit Veränderbares zu verstehen.

Voraussetzungen für die Gewaltprävention mit geflüchteten und neuzugewanderten Männern

Die Einbeziehung geflüchteter und neuzugewanderter Männer in die Gewaltprävention für Frauen findet in einem sehr komplexen Spannungsfeld statt.
Im Zentrum der Präventionsarbeit sollten die gewaltfördernden Männlichkeitsentwürfe als gemeinsames Problem stehen, nicht die kulturellen Unterschiede.

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Für diese Arbeit mit Männlichkeitsentwürfen bietet die kritische Männerarbeit in Deutschland wertvolle Erfahrungen aus der jahrzehntelangen praktischen Bildungs- und Präventionsarbeit.

Diese lassen sich gut auf die Arbeit mit geflüchteten und neuzugewanderten Männern übertragen.

Für eine primäre Gewaltprävention, die prinzipiell alle Menschen ansprechen soll, müssen immer auch eigene Einstellungen hinterfragt werden, sowohl bei der Zielgruppe als auch bei den Fachkräften und Mediator*innen. Diese Einstellungen sind immer auch im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Strukturen zu sehen.

Dazu gehört, die eigene Wahrnehmung zu reflektieren, was wann in welchem Kontext überhaupt als Gewalt gilt.

Auch die Vorstellung, wie stark jeder Einzelne die individuelle Verantwortung hat, zu einem gewaltfreien Miteinander beizutragen spielt hier eine wichtige Rolle.

Als Fachkraft oder Mediator*in müssen wir uns außerdem unsere eigenen Bilder und Bewertungen über Männer mit Migrationserfahrung sowie über Gewalt bewusstmachen. Wir müssen möglichen Pauschalurteilen zu Männlichkeitsbildern und Gewaltpotentialen bewusst entgegentreten.