Startseite » Kinder » Entwicklung in der mittleren- und späten Kindheit
Das körperliche Wachstum verläuft in dieser Phase nicht mehr so rasant wie in der Vorschulphase. Dabei werden Unterschiede zwischen den Geschlechtern erkennbar.
Verschiedene Hirnregionen bilden sich weiter aus und optimiert sich.
Das räumliche Vorstellungsvermögen und die sprachlichen Fähigkeiten prägen sich weiter aus.
Das Zusammenspiel zwischen der Gehirnstruktur und den vorherrschenden Aktivitäten und Beschäftigungen verdeutlicht sich immer mehr.
Die grobmotorischen Fähigkeiten werden weiter verfeinert und komplexer eingesetzt. Kinder in diesem Alter werden körperlich flexibler und biegsamer, der Gleichgewichtssinn verbessert sich, die Bewegungen werden schneller und genauer, außerdem entwickeln sie zunehmend mehr Kraft.
Auch die Feinmotorik verbessert sich, was insbesondere bei der Fähigkeit zu Schreiben und beim Zeichnen sichtbar wird. (Eschrich 2014: S. 71 f.)
Ab dem Alter von sechs bis sieben Jahren suchen Kinder verstärkt nach realistischer Welterkenntnis.
Sie entwickeln einen enormen Wissensdurst, dem entsprochen werden sollte, damit der Lerneifer und die Leistungsmotivation nicht gebremst werden.
Sie überwinden zunehmend die ichbezogene Perspektive und versuchen naturwissenschaftliche Erklärungen nachzuvollziehen.
Bis zum Ende dieser Phase sind Kinder in der Lage, logisch richtig zu denken. Das Gedächtnis entwickelt sich weiter, so dass sich das Denktempo erhöht und mehr Informationen auf einmal behalten und verarbeitet werden können. Gleichzeitig lernt das Gedächtnis, zwischen wichtigen und unwichtigen Gedanken zu unterscheiden („kognitive Hemmung“), die Aufmerksamkeit wird selektiver und planvoller und das Langzeitgedächtnis als langfristige Wissensbasis entwickelt sich.
Neben der biologischen Entwicklung des Gehirns verbessern sich in dieser Zeit auch die Strategien zur Nutzung des Gehirns, z. B. Lern- und Merktechniken. Hierfür spielen die Lernerfahrungen in der Schule eine große Rolle.
Im Alter von ca. sechs Jahren stabilisiert sich die Intelligenz, also „die Fähigkeit, sich schnell und flexibel an neue Gegebenheiten der Umwelt anzupassen und diese zu verändern sowie Neues zu lernen“ (Eschrich 2014: S. 73).
Je besser diese ist, desto besser sind i.d.R. die Schulleistungen. (Eschrich 2014: S. 72 f.)
Das Moralgefühl von Kindern entwickelt sich in der mittleren Kindheit weiter. Kinder sind immer mehr in der Lage, sich in die Lage anderer einzudenken und einzufühlen. Sie haben die moralischen Regeln ihrer Umgebung verinnerlicht und wenden diese selbstständig an. Sie können die Regeln auch auf soziale Konventionen beziehen und somit den Zweck von Regeln nachvollziehen, z. B. auf dem Schulhof darf man nicht rennen, wegen der Verletzungsgefahr (Berk 2005: S. 440 f.).
Die Persönlichkeit von Kindern reift in der mittleren und späten Kindheit weiter. Das Selbstkonzept wird differenzierter und umfassender und beinhaltet neben Persönlichkeitseigenschaften vermehrt soziale Vergleiche mit Gleichaltrigen. Auch der Selbstwert differenziert sich weiter aus und wird an die Rückmeldungen der Umgebung angepasst.
Damit Kinder ein positives Selbstwertgefühl entwickeln können, ist also das Gefühl, von nahestehenden Personen gemocht und akzeptiert zu werden, sehr entscheidend. Weiter ist es förderlich, wenn die Bezugspersonen eindeutige Verhaltenserwartungen formulieren und über eine positive Selbstakzeptanz verfügen.
Auch die Beziehungen zu Gleichaltrigen wirken sich auf das Selbstwertgefühl aus. Vertrauensvolle Freundschaften stärken sowohl Selbstwert als auch prosoziales Verhalten. (Eschrich 2014: S. 74 ff.)
Zur Entwicklung der Gefühle: in dieser Phase erleben Kinder selbstbezogene Gefühle wie Stolz, Scham und Schuld auch unabhängig von anderen Personen, aufgrund des eigenen Verantwortungsgefühls. Intensive Schamgefühle wirken sich negativ auf das Selbstwertgefühl aus. Gefühle werden zunehmend differenzierter wahrgenommen und beschrieben. So wissen Kinder nun, dass Menschen mehr als ein Gefühl gleichzeitig haben können und dass es auch ambivalente Gefühlslagen gibt. Sie lernen, die Gefühle anderer besser zu interpretieren und entwickeln ihre Empathie weiter. Auch entwickeln Kinder gegen Ende der mittleren Kindheit verschiedene Strategien, um ihre Gefühle selbst gut regulieren zu können. Diese Fähigkeit fördert Optimismus und prosoziales Verhalten. (Berk 2005: S. 467)
→ Entwickeln Sie eine positive Beziehung zum Kind …
→ Freuen Sie sich über die Erfolge des Kindes und zeigen Sie dies auch …
→ Unterstützen Sie die Freiheit des Kindes, sich selbst zu entscheiden. …
→ Bestätigen Sie die Gefühle des Kindes …
→ Gehen Sie an die Kindererziehung liebevoll und vernünftig heran …
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Aspekte der Fürsorge (Berne & Savary 1993, nach Berk 2005: S. 333)
Auch in der mittleren und späten Kindheit ist der Einfluss der Eltern auf eine gesunde Entwicklung des Kindes in allen Entwicklungsbereichen noch sehr groß. Akzeptanz und Zuneigung der Eltern bzw. Bezugspersonen gegenüber dem Kind ist ein wesentlicher Einflussfaktor auf das Selbstwertgefühl.
Gleichzeitig verändert sich die Rolle der Eltern. Die Verantwortung und Aufsicht liegt weiterhin bei ihnen, allerdings ist es für eine gesunde Entwicklung wichtig, die Kinder zunehmend an anfallenden Entscheidungen zu beteiligen („Ko-Regulation“, Berk 2005: S. 468) und die Beziehung zu ihnen mehr und mehr kooperativ zu gestalten.