Startseite » Kinder » Entwicklung in der frühen Kindheit
Das körperliche Wachstum verlangsamt sich in der frühen Kindheit im Vergleich zu den ersten beiden Lebensjahren. Dafür nimmt das Volumen und die Vernetzung des Gehirns in dieser Zeit enorm zu, im Zusammenspiel mit der Weiterentwicklung verschiedener Fähigkeiten wie körperliche Koordination, Sprachfertigkeit oder Aufmerksamkeit. (Eschrich 2014: S. 59 f.)
Das zentrale Nervensystem reift vollständig aus und ermöglicht eine rasche Weiterentwicklung der grobmotorischen Fähigkeiten, z. B. beim Hüpfen, Rennen, Rückwärtsgehen oder auch Werfen und Fangen von Bällen oder Schaukeln (Berk 2005: S. 291).
Auch die Feinmotorik entwickelt sich weiter, insbesondere können Hand und Finger besser koordiniert werden und auch die Auge-/Ohr-Hand-Koordination wird sicherer. Die Fortschritte zeigen sich insbesondere beim sich selbst An- und Ausziehen, beim selbst Essen mit Besteck sowie beim Zeichnen und Ausschneiden (Berk 2005: S. 291).
Ab dem zweiten Lebensjahr nimmt die Fähigkeit der mentalen Repräsentation, also der Trennung von Denken und Handeln, enorm zu. Dies zeigt sich insbesondere bei der Entwicklung der sprachlichen Fähigkeiten, des Als-ob-Spiels (z. B. Rollenspiele) und der Kategorisierung.
Zwischen zwei und vier Jahren entwickelt sich u.a. die Fähigkeit, sich im Gespräch sowie in bestimmten, vertrauten Situationen in die Perspektive anderer versetzen zu können. Zunächst dominiert noch das magische Denken, zunehmend können jedoch Lebewesen von unbelebten Gegenständen unterschieden werden. Erste logische Schlussfolgerungen werden gezogen und vertraute Gegenstände können hierarchisch organisierten Kategorien zugeordnet werden (Berk 2005: S. 303).
Im Alter von vier bis sieben Jahren werden magische Annahmen zunehmend durch plausibles, an physikalischen Prinzipien orientiertem Denken abgelöst. Kinder sind in diesem Alter zunehmend in der Lage, zwischen Erscheinung und Wirklichkeit zu unterscheiden und Denkprozesse bzw. Als-ob-Spiele als solche einzuordnen (Berk 2005: S. 303).
In der frühen Kindheit lassen sich Kinder noch relativ leicht ablenken. Sie lernen und merken sich Dinge eher beiläufig bzw. spielerisch. Die Merkfähigkeit ist bis zum Vorschulalter (ca. 5 Jahre) noch nicht sehr stark ausgeprägt, verbessert sich aber zunehmend, u.a. durch die Förderung und Auseinandersetzung mit schulischem Wissen. Bemerkenswert gut ausgeprägt ist im Alter von 4-5 Jahren das Wiedererkennungs-Gedächtnis, was sich z. B. beim Memory-Spielen zeigt. Auch das Gedächtnis für vertraute wiederkehrende Ereignisse (z. B. das Abendessen) sowie das Gedächtnis für besondere, einmalige Erlebnisse sind bei Vorschulkindern bereits ausgeprägt. (Eschrich 2014: S. 62ff.)
Die Sprachfähigkeit nimmt in diesem Zeitraum enorm zu. Die Kinder können inzwischen vollständige Sätze formulieren, die immer mehr an Komplexität zunehmen. Sie können präzise Fragen und Antworten formulieren, Wünsche äußern und ihr Verhalten sprachlich begründen. (Eschrich 2014: S. 64f.)
Als einen weiteren Bereich der kognitiven Entwicklung entwickeln Kinder in dieser Phase zunehmend ein Moralgefühl und ein Gewissen. Hierfür sind soziale Erfahrungen, in Form von Auseinandersetzungen mit Gleichaltrigen aber auch von Reaktionen Erwachsener auf Regelübertretungen von großer Bedeutung. Nach und nach werden die von Erwachsenen übermittelten Handlungsanweisungen und Begründungen verinnerlicht und als eigene Moralvorstellung übernommen. (Eschrich 2014: S. 65f.)
Kinder sind immer mehr in der Lage, ihr eigenes Denken selbst zu reflektieren. Sie nehmen zunehmend ihr eigenes Ich, ihre Gefühle bzw. ihr Seelenleben, wahr und können dieses sprachlich ausdrücken. Später folgt die Entwicklung eines Selbstkonzepts, also die Bewertung der eigenen Eigenheiten sowie die Entwicklung von Wertvorstellungen und Überzeugungen, die die eigene Person ausmachen. Damit einher geht auch die Entwicklung des Selbstwertgefühls.
Die Beurteilung des eigenen Wertes bzw. der eigenen Kompetenzen hat entsprechende, positive oder negative Gefühle zur Folge, die sich auch langfristig auf das Verhalten und auf die psychische Befindlichkeit auswirken. Auf die Entwicklung von Selbstkonzept und Selbstwert nehmen die gesellschaftlichen Vorstellungen zu Geschlechterrollen einen erheblichen Einfluss. (Eschrich 2014: S. 66 f.)
Ab ca. dem dritten Lehensjahr verfügen Kinder zunehmend über Möglichkeiten, selbst mit negativen Gefühlen umzugehen und erwarten immer weniger die Unterstützung von Bezugspersonen. Das Temperament des Kindes, die Eltern als Vorbilder und die Entwicklung der Sprachfertigkeiten haben hierauf Einfluss.
Kinder beginnen im Zusammenhang mit dem Selbstkonzept und Selbstwert auch selbstbezogene Gefühle wahrzunehmen. Durch ihre Reaktionen und Rückmeldungen dazu können Eltern erheblichen Einfluss auf diese Gefühle nehmen und das Kind entweder stärken und unterstützen oder die negativen Selbstbewertungen noch verstärken.
In dieser Phase entwickelt sich auch immer mehr das Einfühlungsvermögen in andere Personen. Auch hierauf haben sowohl das Temperament des Kindes als auch die Erziehung der Eltern einen großen Einfluss. (Eschrich 2014: S. 67 f.)
→ Entwickeln Sie eine positive Beziehung zum Kind …
→ Freuen Sie sich über die Erfolge des Kindes und zeigen Sie dies auch …
→ Unterstützen Sie die Freiheit des Kindes, sich selbst zu entscheiden. …
→ Bestätigen Sie die Gefühle des Kindes …
→ Gehen Sie an die Kindererziehung liebevoll und vernünftig heran …
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Aspekte der Fürsorge (Berne & Savary 1993, nach Berk 2005: S. 333)
In der frühen Kindheit sind weiterhin die Eltern bzw. Bezugspersonen die wichtigsten und prägendsten Personen. Dabei gewinnt deren Erziehungsverhalten gegenüber dem Kind zunehmend an Bedeutung.
Der Umgang der Eltern mit dem Kind hat insbesondere auf dessen Selbstkonzept und Selbstwert sowie auf die sozialen Fähigkeiten einen prägenden Einfluss. Hierbei hat sich ein Erziehungsstil, der warmherzig und akzeptierend ist, der klare, für das Kind nachvollziehbare und angemessene Regeln vorsieht und der dem Kind einen – für den jeweiligen Entwicklungsstand passenden – Handlungsspielraum ermöglicht, als besonders förderlich erwiesen.
Findet innerhalb der Familie bzw. durch vertraute Personen Gewalt oder Misshandlung statt, hat dies besonders dramatische Auswirkungen, da Kinder keine Schutzmöglichkeiten haben bzw. der gewalttätigen Person nicht entfliehen können.