Aufsicht und Beschäftigung mit den Kindern

Keine ausreichende Aufsicht und Beschäftigung der Kinder ...

… durch die Eltern oder andere Bezugspersonen stellt im Sinne von Vernachlässigung auch eine Form der Gewalt in der Erziehung dar.

Bei geflüchteten oder neuzugewanderten Familien in Deutschland …

… könnte mit Blick auf die Auswirkungen der Migrationserfahrung eine Erklärung dafür sein, dass in vielen Herkunftsländern nicht allein die Eltern für die Erziehung der Kinder zuständig sind, sondern dass dort die Gemeinschaft, also z. B. Verwandte, Nachbarn, ältere Geschwister oder Lehrkräfte erzieherische Aufgaben wie die Beaufsichtigung übernehmen. Dort können die Eltern also ohne eigene Beaufsichtigung die Kinder draußen spielen lassen.

Bei geflüchteten Kindern wurde außerdem beobachtet, dass …

… sie ihre Eltern bei Alltagsproblemen oder -fragen selten um Rat und Unterstützung fragen. Dies lässt sich u.a. durch den Akkulturationsprozess erklären. Durch die Migration haben die Eltern oft keinen Erfahrungsvorsprung gegenüber den Kindern, was den Alltag im Aufnahmeland betrifft. Hier haben oft ältere Geschwister (insbesondere die Töchter) eine wichtige Bedeutung bei der Betreuung und Versorgung der jüngeren Geschwister.

Helfen kann …

… es hier, den Eltern die Auswirkungen der Flucht bzw. Migration bewusst zu machen. Es kann hilfreich sein, den Eltern zu verdeutlichen, dass eine Flucht bzw. Migration ggfs. auch eine Anpassung des Erziehungsverhaltens erforderlich macht, um die Kinder in Deutschland gut zu versorgen und zu erziehen und ihnen eine gute und gesunde Entwicklung zu ermöglichen.

Erforderlich kann außerdem …

… die Vermittlung der Erwartungen an Eltern in Deutschland sein, z. B. durch die Erläuterung der gesetzlichen Grundlagen zur alleinigen Aufsichtspflicht durch die Eltern.

Die Übertragung der Aufsicht der Eltern auf andere Personen setzt voraus, dass …

… die Eltern sie sicher sein müssen, dass diese auch in der Lage sind, die Verantwortung zu übernehmen. Ältere Geschwister, Freundes- oder Nachbarskinder können leicht mit der Beaufsichtigung jüngerer Kinder überfordert sein.

Als groben Orientierungsrahmen zur Aufsichtspflicht können auch folgende Empfehlungen dienen
(Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V. 2014) ...

bis zum 3. Lebensjahr +

+
  • permanente Aufsicht
  • Kind niemals allein zu Hause

ab dem 4. Lebensjahr +

+
  • 15 bis 30 Minuten unbeaufsichtigt möglich
  • Spielen auf sicherem Gelände oder in eigener Wohnung
  • Eltern immer in der Nähe

etwa ab dem 7. Lebensjahr +

+
  • langsame Ausdehnung unbeaufsichtigter Zeit
  • 1 bis 2 Stunden allein zu Hause möglich

Der Entwicklungsstand und die Reife des eigenen Kindes …

… sind im Zusammenhang mit diesem groben Orientierungsrahmen immer zu berücksichtigen.

  • Wie gut hält sich das Kind an Absprachen?
  • Holt es sich Hilfe, wenn es welche braucht?
  • Wie verantwortungsbewusst ist es?
  • Erkennt es Risiken und Gefahren?

Zu klären sind auch …

  • ... die Wohnverhältnisse bzw. mögliche Gefahren zuhause.

Genaue Absprachen …

  • ... sind sehr wichtig. Dem Kind muss gesagt werden, wie lange es allein ist und wie es die Eltern (oder andere Bezugspersonen) in der Zwischenzeit telefonisch erreichen könnte. In diesem Zusammenhang sollte das Kind immer gefragt werden, ob es sich das Alleinsein zutraut.