Akkulturation und Anpassungsstrategien

Menschen müssen sich nach der Ankunft ...

… in einem neuen Land mit der neuen Kultur auseinandersetzen. Im Kontakt mit der Aufnahmekultur müssen sie immer wieder (meist unbewusst) entscheiden, ob sie die mitgebrachten Werte, Vorstellungen und Praktiken aufgeben oder nicht. Dieser Prozess wird als Akkulturation bezeichnet. Zugewanderte Menschen müssen sich mit der eigenen Identität auseinandersetzen, insbesondere mit der religiösen und ethnischen Zugehörigkeit.

Folgen für die Familie …

Kinder und Erziehungspersonen machen häufig die Erfahrung, dass gewohnte und „normale“ Verhaltensweisen aus der Herkunftskultur im Aufnahmeland gesellschaftlich nicht anerkannt oder akzeptiert sind. Sie erleben soziale Ausgrenzung. Diese schmerzhaften und belastenden Erfahrungen, die ein Kulturwechsel mit sich bringt, können zu dauerhaften Spannungen und Konflikten für einzelne und innerhalb der Familie führen. Das Risiko für Gewalt in der Familie erhöht sich.

Innerhalb der Familie kann die Akkulturation außerdem mit individuell unterschiedlicher Geschwindigkeit verlaufen. Kinder sind oft schneller als Erwachsene. Frauen sind oft schneller als Männer, wenn es um Emanzipation und Geschlechterrollen geht. Trennungen und Scheidungen, begleitet durch Konflikte, Bedrohungen bis hin zu schwerer Gewalt gegen die Frauen und Kinder können Folgen sein.

Bei der Arbeit mit geflüchteten und zugewanderten Familien kann der Blick auf den Umgang mit dem Akkulturationsprozess hilfreich sein. Die Situation der Familie kann besser verstanden und eingeschätzt werden. Auch kann eine Thematisierung und Reflexion mit der Familie gemeinsam diese entlasten und neue Lösungsperspektiven ermöglichen.

Akkulturationsmodell

nach Berry (1990) 

Wie die Akkulturation verläuft und welche Strategien zum Umgang mit der fremden Kultur gewählt werden, kann sehr unterschiedlich sein. Das bekannteste Modell dazu aus der Theorie ist das Akkulturationsmodell von Berry (1990). Er beschreibt vier typische Strategien: Integration, Assimilation, Segregation/Separation und Marginalisierung.

Bewältigungsformen nach Migration

von Berry (1990 nach
Abdallah-Steinkopff 2018: S. 44)

Die einzelnen Strategien ...

  • Integration und Assimilation
    Bei den Strategien „Integration“ und „Assimilation“ orientiert sich die zugewanderte Person an der Aufnahmegesellschaft. Bei „Assimilation“ werden die Werte und Normen der Herkunftsgesellschaft aufgegeben oder abgelehnt.
  • Separation
    Die Strategie „Separation“ kennzeichnet sich durch eine klare Abgrenzung zur Aufnahmegesellschaft. Gleichzeitig erfolgt eine Hinwendung zu den Werten und Normen der Herkunftsgesellschaft. Diese wird überwiegend durch die Eltern oder (Groß-)Familie vertreten.
  • Marginalisierung
    „Marginalisierung“ deutet auf eine teils willentliche, teils auch erzwungene Abgrenzung hin. Sie ist gekennzeichnet durch eine Abwendung sowohl von der eigenen bzw. der elterlichen (Herkunfts-)Kultur als auch von den Lebensentwürfen der Aufnahmekultur.